Die Fragwürdigkeit der TV-Einschaltquoten: Ein unrealistisches Bild der Fernsehlandschaft

14. Jan 2024, Mirco Clapier (Chefredaktion)

Die Fragwürdigkeit der TV-Einschaltquoten: Ein unrealistisches Bild der Fernsehlandschaft
Die Fragwürdigkeit der TV-Einschaltquoten: Ein unrealistisches Bild der Fernsehlandschaft
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Kritische Betrachtung der TV-Einschaltquoten in Deutschland, hinterfragt deren Repräsentativität und Modernität angesichts des Medienwandels.

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In der aktuellen Medienlandschaft Deutschlands werfen die Methoden zur Messung der TV-Einschaltquoten ernsthafte Fragen bezüglich ihrer Repräsentativität auf. Besonders auffällig ist die konstante Positionierung der öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF an der Spitze der Einschaltquoten, obwohl die allgemeine Wahrnehmung suggeriert, dass die Mehrheit der Bevölkerung diese Sender kaum noch schaut. Dieses Paradoxon deutet darauf hin, dass die Messdaten ein verzerrtes Bild der tatsächlichen Sehgewohnheiten der Deutschen liefern.

Nur rund 5.000 Haushalte diktieren die Einschaltquoten bei 84,6 Millionen Einwohnern

Die Kernproblematik liegt in der Stichprobengröße und deren Zusammensetzung. Mit nur etwa 5.000 Haushalten, die für die Messung herangezogen werden, erscheint es hochgradig unwahrscheinlich, dass diese kleine Zahl repräsentativ für die vielfältigen und sich ständig verändernden Sehgewohnheiten einer Bevölkerung von 84,6 Millionen Menschen sein kann. Jeder Teilnehmer des GfK-Panels repräsentiert statistisch 7.200 Personen außerhalb des Panels. Demzufolge entsprechen 1.000 Zuschauer aus der Testgruppe, die einen Krimi anschauen, einer Gesamtzuschauerzahl von 7,2 Millionen gemäß der GfK-Hochrechnung. Diese Haushalte sollen mutmaßlich ein breites Spektrum an demografischen und sozialen Schichten abdecken, doch angesichts der enormen Diversität der deutschen Bevölkerung erscheint dies als eine nahezu unmögliche Aufgabe. 

DatumSenderTitelStartzeitDauer (hh:mm)Sehbeteiligung (Mio.)MA in %
13.01.2024ZDFWilsberg - Ein Detektiv und Gentleman20:1501:286,58425,6%
13.01.2024ARD Das ErsteTagesschau20:0000:146,56827,0%
13.01.2024ARD Das ErsteSchlagerchampions - Das große Fest der Besten20:1403:204,67319,9%
13.01.2024ZDFsportstudio live: Biathlon-WC 10km Sprint HR14:2801:024,27832,7%
13.01.2024ZDFDer Alte21:4400:584,15517,6%
13.01.2024ARD Das ErsteSportschau Fußball-Bundesliga 17. Spieltag18:2901:193,75718,5%
13.01.2024ZDFsportstudio live: Zweierbob-WC HR Zus.17:5700:063,42620,9%
13.01.2024ZDFheute18:5900:233,38316,8%
13.01.2024ZDFsportstudio live: Skispringen-WC Super-Team HR15:5901:243,24522,2%
13.01.2024ZDFsportstudio live: Moderation14:2800:323,17822,1%

Quelle: AGF Videoforschung; AGF SCOPE 1.4; 13.01.2024; Marktstandard: Bewegtbild; Auswertungstyp TV; produktbezogen; Paketnummer: 12758 vom 14.01.2024.

Besonders die unterschiedlichen Generationen, mit ihren jeweils eigenen Medienpräferenzen und Konsummustern, werden in einem solchen System möglicherweise nicht adäquat erfasst. Während ältere Generationen (dominieren die Einschaltquoten) vielleicht eher zu traditionellem Fernsehen tendieren, wenden sich jüngere Zuschauer verstärkt Online-Plattformen und Streaming-Diensten zu – ein Wandel, der in den traditionellen Messmethoden nicht hinreichend berücksichtigt wird. Hierbei sprechen wir nicht von der Generation Z, die überwiegend Serien und Filme auf Netflix konsumieren. Der Wendepunkt spiegelt sich signifikant in den 80er-Jahrgängen wieder (Generation Y). 

Sind wir einmal ehrlich: Wer schaut heute noch ADR oder ZDF, außer Oma und Opa? Das vielleicht größte Manko der aktuellen Quotenmessung ist jedoch ihre Ignoranz gegenüber dem modernen Fernsehkonsum via Internet. Mehr als ein Drittel der Deutschen nutzt mittlerweile Online-Plattformen für das Fernsehen, wobei beliebte Sendungen in den Mediatheken hohe Abrufzahlen verzeichnen, während ihre Live-Ausstrahlungen wenig Beachtung finden. Dieses Phänomen wird in der traditionellen Quotenmessung nicht erfasst.

Scheitern die AGF und GfK an den Herausforderungen zur TV-Einschaltquotenmessung?

TV Streaming
TV Streaming
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Wie repräsentativ sind die gemessenen Einschaltquoten?

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Obwohl AGF und GfK versuchen, diesen Wandel mit der Erweiterung ihrer Testgruppen und der Einführung neuer Messtechniken für Online-TV-Konsum zu adressieren, bleiben diese Bemühungen bisher begrenzt. Die Debatte über die Relevanz und Genauigkeit der TV-Einschaltquoten spiegelt die sich wandelnde Medienlandschaft wider, in der traditionelle Messmethoden möglicherweise nicht mehr ausreichen, um die komplexe Realität des Medienkonsums zu erfassen. Die Zukunft der TV-Einschaltquotenmessung scheint in einem Zwielicht zu stehen, in dem das alte System an seine Grenzen stößt und das neue System noch nicht vollständig etabliert ist. In dieser Übergangsphase müssen die Fernsehsender, Werbetreibenden und Zuschauer gleichermaßen navigieren und sich auf eine Landschaft einstellen, in der die Definition von "Erfolg" im Fernsehen zunehmend vielschichtiger wird.

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