Ein kritischer Blick auf die vermeintlich "gefährlichen" Spotify-Songs! - Studie oder bezahlte Werbung?

21. Feb 2024, Mirco Clapier (Chefredaktion)

Ein kritischer Blick auf die vermeintlich "gefährlichen" Spotify-Songs! - Studie oder bezahlte Werbung?
Ein kritischer Blick auf die vermeintlich "gefährlichen" Spotify-Songs! - Studie oder bezahlte Werbung?
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Es gibt Berichte in der Schlagerbranche über bestimmte Spotify-Songs, die angeblich die Sicherheit in Deutschland bedrohen würden, gestützt auf angeführte, jedoch fragwürdige Forschungsergebnisse.

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Aktuell wird in Berichten behauptet, dass bestimmte Spotify-Songs in Deutschland das Leben gefährden könnten. Diese Behauptung basiert auf einer vermeintlichen Studie von ZenShield (VPN Anbieter), die eine Korrelation zwischen bestimmten Musiktiteln und erhöhten Vorfällen im öffentlichen Verkehr aufdecken soll. Ein interessanter Ansatz, der jedoch bei näherer Betrachtung Fragen und Skepsis aufwirft.

Steffan Black von ZenShield Technology wird als Experte zitiert. Die Glaubwürdigkeit dieser Person und ihre Expertise im Bereich Musikpsychologie oder Verkehrssicherheit kann ohne weitere Informationen nicht überprüft werden. Die Verbindung zwischen ZenShield (VPN-Anbieter) und Verkehrssicherheitsforschung wirkt auf den ersten Blick ungewöhnlich. Anstatt Studienquellen zu verlinken, wird zum Abschluss nur der eigentliche Quelltextverfasser gelistet, mit dem Verweis, die Website https://zenshield.com/ zu besuchen. Die Seite liefert nur einen Hinweis: The Only 100% Free VPN, in "russischer" und englischer Sprache.  

Die Idee, dass Musik unser Verhalten beeinflussen kann, ist auf dem ersten Blick wissenschaftlich fundiert. Musik kann Emotionen hervorrufen und physiologische Reaktionen wie Herzfrequenz und Stresslevel beeinflussen. Die spezifische Behauptung, dass bestimmte Songs die öffentliche Sicherheit gefährden, erscheint jedoch eine Form der Eigeninterpretation dazustellen. Während bestimmte Musikstücke in spezifischen Kontexten vielleicht nicht ideal sind, ist die direkte Verbindung zu einer ernsthaften Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht konkludent.

Behauptung: 7 Spotify-Songs könnten in Deutschland Leben gefährden!

Die aufgeführten Songs reichen von Klassikern wie Beethovens "Für Elise" bis zu modernen Hits wie "Heaven” von Bryan Adams, eine Auswahl, die zunächst willkürlich erscheint. Es ist bekannt, dass Musik eine starke Wirkung auf den Menschen haben kann, aber die direkte Verbindung zwischen spezifischen Songs und einer erhöhten Gefährdung scheint weit hergeholt. Während bestimmte Musikstücke in spezifischen Kontexten vielleicht nicht ideal sind, ist die direkte Verbindung zu einer ernsthaften Gefahr für die öffentliche Sicherheit fragwürdig. Trotz der Verweise auf namhafte Quellen wie Pfizer und Sage Journals, erscheint die wissenschaftliche Basis des Artikels dünn. Die Forschung zeigt zwar, dass Musik unser Verhalten beeinflussen kann, doch eine direkte Kausalität zwischen spezifischen Liedern und vermeintlichen "Sicherheitsrisiken im öffentlichen Verkehr" zu ziehen, scheint nicht gegeben zu sein.

Die Auswahl dieser zitierten Lieder scheint mehr auf Aufmerksamkeit als auf fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse abzuzielen. Forschungsergebnisse auf Sage Journals (https://journals.sagepub.com/action/doSearch?AllField=spotify&SeriesKey=bdsa), die sich mit Spotify und dessen Auswirkungen auf Gesundheit, Fitness und das allgemeine Wohlbefinden befassen, bestätigen nicht die spezifischen Gefahren, die vermittelt werden sollen. Stattdessen decken sie ein breites Spektrum an Themen ab, das von Datenschutz bis hin zur algorithmischen Entscheidungsfindung reicht, ohne direkte Beweise für die behaupteten Risiken zu liefern. Persönliche Erfahrungen mit ähnlichen werbebasierten Inhalten verstärken die Bedeutung einer kritischen Betrachtung solcher Behauptungen. Es bleibt essenziell, Informationen und deren Quellen sorgfältig zu prüfen, um fundierte Schlussfolgerungen über die Glaubwürdigkeit solcher Artikel zu ziehen.

Wir haben auf der Pfizer-Website einen Artikel gefunden, der die Wirkung von Musik auf Stimmung, Gedächtnis und Schmerzlinderung diskutiert. Der Artikel erklärt, wie Musik den Blutfluss zu Gehirnregionen erhöht, die Emotionen generieren und kontrollieren, und wie sie das Wohlbefinden durch die Freisetzung von Dopamin steigern kann. Musik kann auch die kognitive Erholung nach einem Schlaganfall verbessern und hat positive Effekte auf die Schmerzlinderung. Allerdings konnte keine spezifische Studie gefunden werden, die direkt die Behauptungen über die Gefährdung durch bestimmte Spotify-Songs unterstützt. Mehr Informationen im Artikel von Pfizer unter diesem Link: https://www.pfizer.com/news/articles/why_and_how_music_moves_us

Persönliche Erfahrungen mit ähnlichen Anfragen mit VPN Anbieter

Interessanterweise haben wir in der Vergangenheit ähnliche Anfragen (u. a. von VPN-Anbieter und Spielcasinos) erhalten, die bezahlte Werbung als redaktionelle Inhalte tarnten. Zum Beispiel erhielten wir eine E-Mail von einem bekannten VPN-Anbieter, der uns vorschlug, einen Artikel über Musik-Streaming-Plattformen als bezahltes Advertorial zu veröffentlichen. Wir lehnten immer ab, da wir die redaktionelle Unabhängigkeit und Seriosität unserer Plattform wahren möchten. Diese Erfahrung lässt uns skeptisch auf solche Artikel blicken und unterstreicht die Notwendigkeit, solche Inhalte kritisch zu hinterfragen.

Die Marketing Koordinatoren der VPN-Anbieter weisen folgende inhaltliche Merkmale auf: 

  1. Thematische Ausrichtung: Der Artikel kombiniert ein weit verbreitetes Interesse (Musik und Sicherheit im öffentlichen Verkehr) mit einer spezifischen Lösung (VPN-Dienst), was auf eine Absicht hindeuten könnte, Leser auf den VPN-Service aufmerksam zu machen.
  2. Expertenmeinungen und Studienverweise: Ähnlich wie in der E-Mail eines VPN-Anbieters, die eine Studie als Referenz für einen Beitrag anbietet, nutzen die Verfasser solcher Artikel wissenschaftlich klingende Informationen und Expertenmeinungen, um Glaubwürdigkeit zu verleihen. Ohne direkten Zugang zu den Studien oder nähere Informationen zu den Experten ist es jedoch schwierig, die Authentizität dieser Behauptungen zu überprüfen.
  3. Produktverlinkung: Die direkte Aufforderung, eine externe Website (in einem expliziten Fall ZenShield VPN) zu besuchen, ist ein klassisches Merkmal von Content Marketing und Advertorials, wo der redaktionelle Inhalt genutzt wird, um Leser zu einer bestimmten Handlung zu bewegen. Das ist durchaus legitim, muss allerdings einschlägig als "bezahlte Werbung" markiert werden, jedoch lehnen solche unseriösen Anbieter eine transparente Offenlegung ab. Zitat aus einer E-Mail: "Die Verlinkung zum Werbepartner soll nicht als Werbung gekennzeichnet werden. Der Leser soll glauben, dass es sich um einen redaktionellen Artikel handelt."

Während Musik zweifellos einen tiefgreifenden Einfluss auf unser emotionales und physiologisches Wohlbefinden hat, ist die direkte Verknüpfung spezifischer Songs mit einer erhöhten Gefährdung in Deutschland eine Behauptung, die einer kritischen Prüfung bedarf. Unsere persönliche Erfahrung mit ähnlichen Anfragen verstärkt die Bedeutung, wachsam zu sein und die möglichen kommerziellen Interessen hinter solchen Artikeln zu hinterfragen. Zudem haben inzwischen solche unseriösen Advertorials Einzug in die Schlagerbranche gefunden. 

Dein Kommentar
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2Kommentare

  • Julia Bach
    22.02.2024 08:28 Uhr

    Vielen Dank für diesen aufschlussreichen Artikel. Ich habe in der Tat einen solchen Bericht auf einer Schlagerseite gelesen. Kam mir etwas Spanisch vor.
    Grüße Julia

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  • kerstin r
    22.02.2024 08:59 Uhr

    sowas ist eine sauerei! punkt!

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